Mit der Titelmelodie aus dem Film »Zwei ziemlich beste Freunde« eröffneten beim Konzert in der Traunsteiner Kulturfabrik NUTS zwei sichtlich beste Freunde ihr als »Winterhauch« (benannt nach ihrem neuen Album) angekündigtes Programm mit perlenden Klängen.
Gleich darauf deuteten sie mit einer zündenden Flamenco-Fantasie, der »Fiesta« von Chick Corea, an, dass am Abend eines lauen Oktobertages wahrlich keine beschauliche Winterstimmung aufkommen kann. Die Gitarristen Jan Pascal und Alexander Kilian stellten bei ihrer Begrüßung gleich die Weichen für eine mitreißende Präsentation feuriger Gitarrenmusik. Beheimatet im badisch-fränkisch-hessischen Dreiländereck, lernten sich die beiden Musiker 2007 bei einem Workshop kennen und musizieren seitdem gemeinsam virtuos auf Tourneen, die sie erfolgreich durch etliche europäische Länder führten. Die umfangreiche Bandbreite ihres Repertoires umfasst furiose Flamencoklänge und Klassikbearbeitungen, leitet über zu jazzigen Tönen und findet Inspirationen auch in Filmmusik und Pop, die man auf CDs und Vinyl zu Hause noch einmal genießen kann. In angeregten Dialogen springt der musikalische Funke herausfordernd zwischen den Gitarristen hin und her, das Holz des Instruments dabei auch mal als sonoren Rhythmuskörper nutzend.
Mit bewundernswerter spielerischer Präzision und überraschenden Rhythmuswechseln verstanden es die beiden Musiker von Anfang an, das Publikum in ihren Bann zu ziehen und gespannt lauschen zu lassen. Selten wurde wie in »Romance de Valentia« die Tragödie eines Stierkampfs so einfühlsam erzählt. Mit interessanter Aufbereitung bezauberte das altenglische »Scarborough Fair« – Jan Pascal erinnerte vor dem romantischen »Moon River« von Henry Mancini mit diesem Song an den ersten großen Erfolg der jungen Schauspielerin Audrey Hepburn.
Eine poetische Eigenkomposition »Spread Your Wings« ließ bei sphärischen Tönen von der sanften Landschaft der Toskana träumen, wo dieses Lied einst entstanden ist. Gleich darauf heizten rockige Töne ein, die Alexander Kilian zum Anlass nahm, dem andächtigen Publikum einen ausdrücklichen Impuls zum Mitklatschen zu geben. Beethoven hätte gestaunt, wie etwa Santana mit seinen Kompositionen umzugehen wüsste, die beiden Gitarristen fanden sich jedenfalls bestens bei »Für Ulysee« im Latino-Sound zurecht.
Kleine Anekdoten heiterten zügig die Ansagen auf, man erfuhr von der Inspiration zu einer Eigenkomposition, »In der Wüste«, welche auf einer Reise zu den Wurzeln des Flamenco in die Wüste entstanden ist. Überhaupt ist wohl die Flamencogitarre die ideale Gefährtin in Freud und Leid, in die man ganz verliebt sein könnte, verrät der Gitarrist. Chic Coreas »Spain« wies wieder auf Andalusien hin.
Eine weitere Steigerung erfuhr der Vortrag durch die Bearbeitung konzertanter Tangofantasien von Astor Piazzolla, die beiden Gitarristen feuerten sich durch Blickkontakte gegenseitig immer mehr an, die anschließende »Air« von J.S. Bach beruhigte die Gemüter und bewies die Wandlungsfähigkeit wunderbarer Musik deutscher Herkunft, interpretiert auf dem andalusischen Volksinstrument.
Furiose Sambaklänge mit humorigen Tempowechseln steigerten sich zu chromatischer Artistik über das Griffbrett, sodass Alexander Kilian schließlich behände von der Bühne sprang und eine fast ausflippende Zuhörerschaft zum Mitsingen animierte: »Viva la vida«. Mit einem Medley sollte der Vortrag enden (erstaunlich, wie geschwind doch Isaac Albeniz‘ »Asturias« an die »Schöne blaue Donau« gelangten), doch das Publikum entließ die beiden Virtuosen erst nach großzügigen Zugaben, mal sanft verträumt, schließlich doch noch in einem »Capriccio furioso« gipfelnd. Wer möchte bei so viel hinreißender Gitarrenmusik schon an einen Winterabend denken?! Margit Bischlager